Schreibtischphilosophie

Schreibtischphilosophie nenne ich die unzähligen Stunden, die durch Nichtstun gefüllt werden. Zumindest sieht es bei mir danach aus.
Wieder einmal wurde ich Aufgrund meiner Kaderposition zur Abendschicht verurteilt. Die kleine Lampe war das einzig Helle, das zu leuchten vermochte. Arbeitsmappen stapelten sich links sowie rechts von mir, was ein kleines Gefühl von Ohnmacht in mir auslöste. Ein Kaffee sollte der Misere ein wenig Abhilfe verschaffen. Ich schlenderte zur Kantine hinüber, wo mein Vorgesetzter, mit leerem Blick aus dem Fenster, sass.

 

Ich nickte, warf die Münzen ein und lauschte dem monotonen Surren des Automaten. Den viel zu heissen Pappbecher aus der Verankerung gefischt, machte ich auf dem Absatz kehrt und war schon beinahe unter dem Türrahmen, als wie aus dem Nichts eine Frage in den Raum gestellt wurde. „Haben Sie sich auch schon gefragt, warum sie hier arbeiten?“ Verdutzt und zu keiner Antwort fähig legte ich eine Kunstpause ein, obwohl ich noch gar nichts gesagt hatte. Sollte ich nun meine ehrliche Meinung kundtun, oder die erwartete Ein-Vorgesetzter-spricht-mit-mir Rolle spielen? „Das frage ich mich manchmal schon“, gesagt und schleunigst verschwunden.


Ich knipste die Lampe aus und verliess das Büro. Als ich nach Hause fuhr fragte ich mich dann: „Bin ich auch einer dieser Vorgesetzten, die sich spät Abends über den Sinn des Lebens den Kopf zerbrechen ?“
Ich bin bis heute bei der Schreibtischphilosophie geblieben und habe die Kantine seither gemieden!

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