Gras wachsen hören

Regen prasselt unablässig auf meinen Hut, als ich den matschigen Weg am Waldrand entlang gehe. Ein Jahr ist vergangen, seit ich langweilig geworden bin. Ich stehe täglich pünktlich um sechs Uhr auf: auch an den Wochenenden. Vor der Haustüre liegt die Zeitung mit meinem Namen am oberen rechten Rand und der Rasen ist gemäht. Die kleine Vorstadt hat ihren Charme mit meinem Zuzug verloren, dafür ist es beständig geworden.  Ich habe mir noch keine braunen Pantoffeln gekauft, doch sie stehen auf meiner Einkaufsliste. Verheiratet bin ich nicht, habe auch keine Lebensabschnittsbegleitern, dafür zwei Goldfische. Sie sehen glücklich aus in ihrem lauwarmen Gewässer. Um zehn Uhr füttere ich sie und der Rasen ist gemäht. Ich vermisse die Zeiten nicht, wo jeder Morgen eine Gedächtnislücke der letzten Nacht aufweist. Ich vermisse die Zeiten, wo jede Gedächtnislücke einen ruhigen Morgen mit sich brachte. Sorgen sind verflogen, Ungewissheiten sind aus dem Leben ausradiert. Es ist ein sicheres Gefühl, zu wissen was man tut. Probleme entstehen nur durch fahrlässige Planung und Desorientierung. Mein neuer Nachbar hat heute eine neue Eckbank geliefert bekommen. Ich kann nicht mehr genau sagen, ob es schon nach dem Mittag war. Ein Spaziergang auf den drei mal drei Meter Steinplatten beruhigt meinen Magen vom Braten, den ich jeweils Montags esse. Ich habe nicht eine strikte Routine, denn manchmal esse ich ihn auch Dienstags: doch das kommt eher selten vor. Regen prasselt unablässig auf meinen Hut, als ich den matschigen Weg am Waldrand entlang gehe. Vielleicht ziehe ich in ein übles Stadtviertel. Vielleicht brenne ich mit einer verheirateten Frau durch. Vielleicht kaufe ich mir drei Piranhas und veranstalte Kampfabende. Vielleicht kündige ich mein Abonnement der Zeitung und lege mich in den Garten, bis das Gras wieder gewachsen ist!

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