ISLAND - Die FettnÀpfchentruppe auf allen Vieren oder; menschen ist irrlich

Schlachtfeld Flughafen

Die zweiwöchige Reise ins Vulkanland 

war an einem weinverdächtigen Abend gebucht. Das Flugzeug nahm sich für den Abflug ein wenig mehr Zeit. Wie dies halt so ist, bringt so ein verspäteter Start die Charakterzüge der fliegenden Gesellschaft zum Vorschein. Die geteilte Mehrheit nimmt es mit einem Schulterzucken zur Kenntnis und widmet sich der Bar zu, die irgendwie immer an diesem Gate positioniert ist, bei dem es Verspätungen gibt.

Die Raucher lächeln lässig und behaupten zu jeder Zeit, dass der Nikotinentzug kein Problem sei - es sei einfach so. Das sind dann auch die ersten, die bei der Ankunft als erstes ihre Hosentaschen heimlich abfühlen, um die Existenz der Zigarettenschachtel zu überprüfen. Nun kommen wir zu den Fragern. Sie kleben am Informationsdesk und versuchen den Angestellten Details zur Verspätung zu entlocken. Das Wort „Skandal" machte langsam die Runde, als es zur Beruhigung ein Getränk und Sandwich umsonst gab. Wie ausgehungerte Raubtiere stürzte die wartende Menge darauf. Vier ambulante Einweisungen später lag ein Schlachtfeld aus Plastikverpackungen und PET Flaschen vor unserem entsetzten Auge. Wir tranken lieber noch etwas an der Bar, was uns vor schwerwiegenden Verletzungen schützte.

 

 

Reykjavik - dunkel war nur das Bier

 

Der erste Abend in Reykjavik ist schnell erzählt. Es wurde nie dunkel. Wir tranken ein paar wenige Biere in kultivierter Art und Weise und legten uns gegen drei Uhr in der früh besonnen, freudig den nächsten Tag erwartend, auf das flauschig weisse Kissen im Guesthouse. Das Aufwachen war indes weniger flauschig. Das Touristenwesen trieb unsere müden Seelen in ein Museum. Wahrscheinlich wollten wir eher dem Regen entkommen als die Entstehung dieses Landes in animierter Grafiksequenzen erforschen.

Die Haupstadt Islands wirkt auf den ersten Augenblick klein und überschaubar. Nur gerade einmal 269km trennen es vom nördlichen Polarkreis; dies ist in den Gesichtern der Einheimischen auch zu erkennen. Ein kleiner Hafen, der hauptsächlich aus einer Ansammlung von alten Schiffen, von denen jedes zweite ein Restaurant ist, und Whale Watching Firmen besteht. Trotzdem gemütlich. Vor allem wenn ein frisch erlegter Hummer in einer ovalgeformten Steinschüssel vor einem liegt. Wir danken an dieser Stelle dem Meer im Allgemeinen für seine köstlichen Kreaturen.  So entglitt uns auch dieser Tag in all seiner Helligkeit und am nächsten Morgen ging es mit dem Bus auf Akureyri und anschliessend weiter nach Myvatn, wo wir unseren fünftägigen Trail starteten.

 

Der Trail

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Der Start verlief verheissungsvoll.  Wir wussten nicht zu hundert Prozent in welche Richtung wir starten sollten, doch Marcs Nase wies uns, wie in so vielen Situationen, den richtigen Weg. Unglaublich dieser Riecher. Der Tag war sonnig warm und abwechslungsreich. Über riesige schwarze Lavafelder, vorbei an glimmernd roten Steinhügeln, durch Sandwüsten. Zum Ende des ersten Tages erwartete uns ein lauschiges Plätzchen, abgelegen und durchstochen von einem friedlich plätschernden Bach. Die Schafe schauten etwas neidisch auf unser Abendessen. Doch indes, es war ein langer Marsch. Bei der Krafla versagten all unsere Orientierungshilfen, darunter auch Marc's Nase. Das lag wohl am Schwefelgeruch, der beissend unsere Nüstern zu betören versuchte, jedoch kläglich scheiterte. Kurzum: nach gut 20 km rasteten wir. In der Nacht zog ein relativ sandialtger Sturm auf, so dass mit wenig bis gar keinem Schlaf zu rechnen war. Die Rechnung ging voll auf. Etwas müde packten wir wortlos unsere Habseligkeiten zusammen und trotteten vom Winde verweht durch ein kleines Tal. Zum Glück regnete es nicht. Das Tagesziel war der See „Eilifsvötn". Es fing dann doch an zu regnen, aber das war in Ordnung; denn so klebte der Sand noch ein wenig mehr im Gesicht. Nach einem Essensrast in einer kleinen Einbuchtung, welche einem Schaf vor wenigen Wochen als Sterbeplatz diente, ging es zielstrebig in Richtung See. altEin steiler Abhang heruntergepurzelt erreichten wir die Hütte samt Wiese für das Zelt. Wir betrachteten die Wiese anstandshalber und verstauten unsere Rucksäcke in der Hütte. Der Rest des Tages leckten wir unsere Wunden und spazierten noch ein wenig in der Abgeschiedenheit des isländischen Nordens herum. Ein trockenes Nachtessen und einen Kaffeewhiskey später, schlummerten wir in wohliger Wärme und träumten von Sand, Wind und Margheritas.

 

Dritter Tag. Es sollte ein denkwürdiger werden. Ausgeruhter als am Vortag packten wir unsere Rucksäcke und marschierten im Nieselregen Richtung Dettifoss. Nach kurzer Reisezeit und einer Querfeldein Aktion (nicht die erste), erreichten wir eine kleine Schotterstrasse, die uns geradewegs nach Dettifoss führen sollte. Es zog sich hin. Der Regen nahm zu. Es zog sich hin. Der Wind wurde wieder stärker. Dieses Dettifoss wurde unser Pièce de Rèsistance. Durchgefroren und nass wie ein Schwammbad erreichten wir das Schild, welches noch 3km anzeigte. Noch eine Nacht im Zelt stand uns bevor und mittlerweile hatten wir gut und gerne 68km zurückgelegt. Es wurde stiller in der Runde und altals wir Dettifoss erreichten, war es später Nachmittag. Keiner hatte wirklich noch die Motivation weiterzumachen und so kamen wir zu einem rationalen Entscheid, der durchaus nachvollziehbar ist (vielleicht schwierig zu verstehen, wenn man diesen Bericht im trockenen Wohnzimmer liest). Eine Touristengruppe mit Durchschnittsalter Rentner kam von einem Ausflug zurück und stieg in den geheizten Bus ein. Dieses Angebot schien zu verlockend, um es nicht wenigstens zu versuche. Wir fragten den erstbesten dieser Gruppe, ob sie uns nicht in den nächsten Ort mitnehmen könnten. Wir setzten unseren Mitleidsblick auf und versuchten wie völlige Anfänger zu wirken, so dass es einem Mord gleichkäme, uns hier draussen übernachten zu lassen. Schwups sassen wir triefend im hinteren Teil dieses Busses. Nicht alle Insassen erfreuten sich so sehr wie wir.

Zwei Stunden später hatte Andy, der Reiseleiter mit neuseeländischer Abstammung, uns eine Unterkunft organisiert, uns ein Nachtessen angeboten und allerlei anderes für uns getan. Wir dankten es ihm mit einer Runde Bier für die Gruppe, die uns mittlerweile nicht mehr wie Fremdkörper wahrnahmen. Wir erledigten noch den Abwasch. Dies erstaunte die meisten und sie schlossen uns in ihr Herz ein, hätte Zubi nicht den Schal einer Teilnehmerin mit einem Abtrocknungstuch verwechselt. Das Missgeschick wurde zum Glück noch vorzeitig erkannt.

Am nächsten Morgen waren noch 5km bis zur Busstation zu bewältigen. Wir trabten erhobenen Hauptes und mit Demut gegenüber dem Regen Islands voran. Die trockenen Ferien konnten nun beginnen.

 

Eyjafjallajökull und andere Unruhestifteralt

Das Auto samt Insassen kurvte die nächsten Tage durch die Weiten der isländischen Landschaft. Es wurden Touristenorte besucht, Wasserfälle begutachtet und Gletscher bestiegen (oder eher ein Herantasten). So vergingen die Tage und die Vulkane mit uns. Marc sammelte fleissig Lavasteine und erkor sich noch schnell zum John Wayne des Rucksackpackens. So tauften wir in einer feierlichen Zeremonie den grössten Lavastein, den Marc überhaupt noch tragen konnte, John Wayne Junior. Es war rührend. Im Süden angekommen nahmen wir die Fähre zu den Westmanislands und genossen die letzten Tage in diesem Land, in dem der Regen all hundert Kilometer aus einer einzigen Wolke kommt und die Einheimischen mürrischer in die Welt blicken, als sie in Wirklichkeit sind. Der letzte Abend verbrachten wir wieder in Reykjavik und liessen es für einmal ruhig angehen. Schlussendlich schliefen wir doch keine Sekunde und fuhren um fünf Uhr in der Früh zum Flughafen und gönnten uns bis zur Ankunft in Basel unseren wohlverdienten Schlaf. Wie so oft träumten wir von Regen, Wind und Margaritas; und von Fettnäpchen die nun verstreut über dieser eigenartigen Vulkaninsel liegen.

 

Bis zum nächten Mal wenn es wieder heisst: Die Fettnäpfchentruppe on Tour!

 

Zubi, Türki (Marc), Eric

 
 
 

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