Fettnäpfchentruppe
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- Erstellt: Montag, 18. August 2008 18:32
- Geschrieben von Eric Trinkler
Calgary, 1 Tag:
Der Weg ist das Ziel, sofern man es dann findet. Das war eines der zahlreichen Mottos unserer Reise. Ausgeruht sollte es am Dienstag Morgen von Edmonton in Richtung Calgary gehen. Jedoch hatte Eric die Kochkünste von Marc unterschätzt und sich die ganze Sache noch einmal eine Nacht lang durch den Kopf gehen lassen. Im Nachhinein waren die Indizien eindeutig: wozu braucht man eine Skibrille um zu kochen? Äusserst verdächtig! Nichts desto trotz ging es am nächsten Morgen mit angeschlagenem Magen los und nach drei Stunden ohne jegliche Kurven erreichten wir Calgary. Viel mehr ist dort auch nicht passiert und wir konzentrierten uns voll und ganz auf Lake Louise. Das wir noch eine Parkbusse bekamen lasse ich hier jetzt weg. Nur soviel: Sie war ungerechtfertigt. Man hatte unser Touristendasein schamlos ausgenützt... mehr gibt es hier nicht zu sagen, ausser noch: Buhhh Calgary, so!!!
Lake Louis, 2. Tag
Der PT Cruiser, unser rotes Geschoss für die nächsten 10 Tage, kurvte mit leicht untersetzter Geschwindigkeit durch die Strassen auf der Suche nach Leben. Wer eine Stadt bzw. ein Dorf suchte war auf dem Holzweg; so auch wir. Nachdem wir etwas ausserhalb unser Quartier bezogen hatten, hüpften wir auch sogleich in den Whirlpool welcher auf dem Dach gelegen war. Wer braucht schon Badhosen? Wir! Doch mit soviel Luxus konnten wir wahrlich nicht rechnen und mussten deshalb unbemerkt in unseren Boxershorts am Receptionisten vorbeischleichen. Kein Problem für erprobte Fettnäpflispezialisten
Lake Louise, 3. Tag
Der Tag endete wie er begonnen hatte: in der horizontalen, schlummernd. 8 Uhr Tagwach. Die Piste wartete auf unsere waghalsigen Manöver, die sich dann als weniger waghalsig herausstellten. Da Eric eine Skibrille, wie noch so viele andere Sachen vergessen hatte, musste sich Türki mit einem leichten Murren dazu bereit erklären, abzuwechseln. Die Schneeflocken stachen wie Nadeln in die Augen und somit war die Entscheidung einen Boxenstopp einzulegen, durchaus vertretbar. Zwischenzeitlich hatte der kleinste von uns einen Energieanfall und wuchtete den Bügel des Sesselliftes mit voller Wucht nach oben, was unserer Gastgeberein Anita eine blutig geschwollene Lippe einbrachte. Wir waren dennoch zur Party am Abend eingeladen und bedankten uns mit einem harmlosen Nachtessen.
An diesem Abend schienen die Teenagerjahre ihr Revival zu haben. Dementsprechend verhielten sich auch alle. Wir fühlten uns ein wenig wie der Elternteil einer Sekundarschulparty... war jedoch amüsant das Geschehen einmal zu dokumentieren und nicht Teil der Peinlichkeiten zu sein. Der Morgen dankte es trotzdem mit einem Kater; man wird älter.
Cache Creek, 4. Tag
10 Uhr Tagwach. Das Auto vom Schnee freigeschaufelt und schon gehörte diese Nacht auch schon wieder der Vergangenheit an.
Nach der heiss diskutierten Debatte über die Musik befanden wir uns ein ganzes Stücken weiter auf der Strecke nach Vancouver. In Cache Creek wurde ein Zwischenstopp eingelegt um erstmals den Vorabend zu verarbeiten. Ein bis zwei kühle Bierchen und ein Jass später schliefen wir alle inmitten erdrückender Stille.
Vancouver, 5. Tag
Sieben Uhr tagwach. Die Strecke wurde kurviger und abwechslungsreicher zu fahren. Nach wiederholter Musikdiskussion entschieden wir uns die Jokerregel einzuführen. Jeder besass zwei derjenigen und konnte dadurch ein Lied überspringen. Funktionierte mehr oder weniger, bis wir endlich ein Kabel besassen mit dem wir Zubi’s iPod anschliessen konnten.
Die Strecke wurde interessanter... interessant war auch der Burger, welcher Türki als sein Frühstück definierte. Er lag danach mehrere Stunden halbgegessen und vor sich hinfaulend im Auto herum. Eric und Zubi beliessen es bei einem Kaffee; als solcher war er zumindest angepriesen worden.
Vancouver: Hurra wir waren da; der strömende Regen war es auch. Die vergessen einzupackende Regenjacke übergestreift und Quartier bezogen, ging es in eine Bar. Nichts ahnend bestellten wir das erste Bier und vertieften uns in unsere Jasskarten. Wären wir von Anfang an nur etwas aufmerksamer gewesen, wären uns die detailgetreuen und sicherlich mit Enthusiasmus gemalten Nacktbilder nicht entgangen.Hätte es sich um ein herunter gekommenes Striplokal gehandelt; wir wären geblieben. Doch die Bilder zeigten, was man(n) nicht sehen will. Als uns der Barkeeper dann noch mit einem verschmitzt süssen Lächeln um eine zweite Runde anhaute, wirbelte der Staub und wir atmeten wieder frische Luft. Jetzt gab es nur noch eines... schlafen, verdrängen, vergessen!
Vancouver, 6. Tag
Sightseeing im Regen war auf dem Tagesprogramm. Auf dem Velo umkurvten wir den zum Teil gesperrten Stanley Park. Zubi fiel die Kette raus, Eric die Zunge als es bergauf ging. Der Aussichtsturm war wegen Renovationsarbeiten gesperrt... wer will denn schon im Februar bei Regen die Skyline besichtigen? Leicht enttäuscht zogen wir von dannen. Das bombastische Steak im Restaurant „The Keg“ machte vieles wieder wett; jedoch nicht die Tatsache, dass Türki die Jasskarten im zweideut.... ach, nennen wir den Hund doch beim Namen: Die Jasskarten lagen noch immer in der Bar für Gleichgesinnte (ich schäme mich ja schon ein bisschen es Ihnen zu erzählen). Doch dieses Fettnäpfchen musste ausgebadet werden und wir sind schliesslich ein eingeschworenes Team; Eric und Zubi warteten aus fluchttaktischen Gründen draussen.
Die Sonne war langsam wieder auf ihrem Weg in Richtung Osten und wir gönnten uns neben Spirituosen auch noch eine Mütze voll Schlaf.
Vancouver Island, 7. Tag
Die Rush Hour hatte uns fest im Griff und so ging es eher gemächlich in Richtung Tsawassen, wo wir die Fähre zur Insel nehmen würden. Die Wolken verzogen sich langsam und als wir aus der Fähre hinausfuhren schien sogar die Sonne.
Wir steuerten eine kleine Ortschaft im Südwesten der Insel an. Eric hatte bei seinem letzten Besuch den Tipp bekommen, im Resort „Point no Point“ zu übernachten, was sich als einmaliges Erlebnis herausstellen sollte. Doch soweit waren wir noch lange nicht. Abzweigung verpasst (Türki am Steuer, Eric als Koordinator) und schon wurde die Strasse kurviger und kleiner. Wir entschieden uns umzukehren um nach dem Weg zu fragen. Ein herrlicher Tag brach herein und wir waren wieder auf der richtigen Strasse. Am French Beach machten wir einen letzten Stopp bevor wir das Resort erreichen würden.
Unser Hobbyfotograf Marc Thürkauf knippste alles ab, dass sich nicht binnen Sekunden vom Acker machen konnte. Da Bäume uns Strassen bekanntlich nicht rennen können, fielen sie ihm und seiner Linse, grob geschätzt etwa 18 und ein verschwommenes Mal zum Opfer.
Anmerkung: Das Problem Digitalcamera war eines der zentralen Gesprächspunkte unserer Reise. Türkis Kamera hatte eine leicht verschwommene Art Bilder wiederzugeben, Zubis Prachtstück hatte sich auf die Farbe rosa eingestellt, was für einige Überraschungsbilder sorgte und Eric hatte schlicht zu wenig Akku, da er das Aufladegerät vergessen hatte – welch famose Überraschung. Anmerkung zu Ende.
Das Ziel war erreicht. Doch die Rahmenbedingungen waren noch verbesserungsfähig. Schwups und wir machten kehrt um im nächsten Dorf (30 Minuten Entfernung) unseren liquiden Genuss zu befriedigen. Dann war es endlich soweit. Uns fielen buchstächblich die Augen aus dem Kopf, als wir das schmale Kiesweglein hinunterliefen und unsere Unterkunft für die Nacht erblickten.
Unser Cabin, ganz aus Holz, war grossräumig... für unsere Verhältnisse sehr grosszügig. Ein Cheminée im Wohnzimmer, eine Küche mit voller Ausstattung und eingrossräumiges Schlafzimmer mit riesen Betten. All dies wäre ja noch zu verkraften gewesen, doch dann blickten wir nach draussen. In mitten von Natur erstreckte sich der pazifische Ozean vor uns. Die Sonne stand steil am Horizont und der Whirlpool war auch schon geheizt. Wir liessen uns nicht zweimal bitten und hüpften ins heisse Nass. Viel mehr gibt es hier nicht mehr zu berichten: Genuss pur für die nächsten acht Stunden.
Etwas wehmütig stopften wir unsere letzten Kleidungsstücke in den Koffer und schlenderten gemächlich in Richtung Realität. Doch ich glaube, dieser Abend wird uns für immer in Erinnerung bleiben.
Nanaimo, 8. Tag
Es würde ein Tag der Schlaglöcher und unsicheren Strassen inmitten der schönsten Natur werden. Türki hatte sichtlich seinen Spass daran, Eric’s und Zubi’s Köpfe gegen das Wagendach schlafen zu lassen – sie kommentierten es mit flauen Sprüchen. Die Rallye hatte schon langsam ihr Ende gefunden und wir machten halt um uns zu verpflegen.
Ein Subwaysandwich später wurde zuerst einmal unser Auto, oder was noch davon zu erkennen war, unter die Lupe genommen. Wir hatten unseren Spass. Am späteren Nachmittag trafen wie in Nanaimo ein. Wir liessen es gemächlich Angehen und genossen das schöne Wetter. Der Trip war schon fast vorbei und wir Entschlossen uns, den nächsten Tag dem Fahren zu widmen.
Jasper, 9. Tag
7.30 Tagwach. Wir nahmen die halbneun-Fähre nach Horshoe Bay, Vancouver. Türki hielt noch en verzweifelt letztes Mal nach einem Wal Ausschau. Dieses Erlebnis wurde ihm vorenthalten, was ihm einen verbitterten Moment einbrachte.
Vancouver 2010. Da unser Weg über Whistler führte und die Canadier sich auf die Winterolympiade vorbereiten, war mit wenigen Baustellen zu rechnen. Mit Tempo 30 kurvte Eric mehr oder weniger souverän der Küste entlang. Immerhin gab uns dies Zeit um Fotos zu schiessen – das war Türkis Metier. Kurz vor Whistler fing ein Schneesturm an zu toben. Was in den schweizer Bergen die Holländer sind, waren bei uns die Leute vom Bundesstaat Ohio – wir hielten einen Sicherheitsabstand. Das Wetter wurde besser und es ging durch unzählige Täler. Wir hätten uns nicht gewundert, wenn wir plötzlich ein Schild angetroffen hätten: Welcome to Colorado. Eine Wüstenlandschaft tat sich vor uns auf und die Temperaturen stiegen auf angenehme 10 Grad.
Cache Creek und ein Fahrerwechsel kamen näher. Ein kleiner Stopp eingelegt und schon ging die Fahrt wieder weiter. Insgesamt fuhren wir 1100 Kilometer an diesem Tag (11 Stunden). Die Sonnte verschwand langsam hinterm Horizont und die Provinz Alberta kam immer näher. Es herrschte eine ruhige Ausgelassene Stimmung und jeder liess für sich die vergangenen Tage noch einmal Revue passieren.
PINKELPAUSE. Nach einem kurzen Boxenstopp ging es weiter und nur wenige hundert Meter später sahen wir einen Wolf die Strasse überqueren. Wir entschieden uns einstimmig, nicht mehr im freien zu pinkeln – nicht dass wir Angst vor einem Wolf gehabt hätten... aber die Temperaturen fielen wieder unter den Gefrierpunkt *räusper*.
Zehn Uhr abends. Wir erreichten Jasper und liessen den letzten Abend mit einem Jass ausklingen.
Edmonton, 10. Tag
Das letzte Stück führte und durch den Jasper Natonal Park. Plötzlich erblickte Zubi im Rückspiegel einen Wolf. Er schien uns zu verfolgen. Wir liessen uns nicht beeindrucken und richteten unser Augenmerk wieder der Strasse, als etwa hundert Meter vor uns ein Elch über die Strasse lief. Es folgten ihm noch einige hinterher. Dies war doch ein würdiger Abschluss unserer Trips, der uns einige tierreiche Momente bescherte. Die Landschaft wechselte sein Gewand und schlüpfte wieder in Hochhäuser und Betonstrassen. Das aufgeblasene Selbstbild hatte uns wieder. Die letzten Parkmanöver unbeschadet überstanden und wir waren wieder zurück.
Die nächsten zwei Tage erholten wir uns so gut es ging von den Strapazen unserer Reise und am Samstagmorgen um drei Uhr früh chauffierte uns der Pt Cruiser zum Flughafen. Zwei der drei Mitglieder der Fettnäpflitruppe bestieg den Flieder in Richtung Schweiz. Der Dritte von ihnen, versucht die letzten paar Monate noch unauffällig durch die Häuserschluchten zu streichen.
Auf ein nächstes Mal wenn es wieder heisst: Fettnäpfchentruppe auf vier Rädern!!!