Der unsichtbare Egoist

Eine Welle der Verzweiflung schwappte zähflüssig durch die Stadt, als sich die Kunde verbreitete, erneut einen Hitzetag ausstehen zu müssen.
Ich sass gelangweilt in der Badewanne meines Hotelzimmers, umgeben von Eiswürfeln in Form von Kontinenten. Dies war dann auch der einzige Hauch von Welt der sich mir bot. Mein Zimmernachbar hatte sich wohl die neuste Scheibe von „ich lass mir etwas auf den Fuss fallen, schreie wie will, mixe einen Beat darunter und nenne es Musik“ gekauft und hörte sich wie im Delirium immer wieder das gleiche Stück an. Als ich das Lied auswendig mitsingen konnte und die Antarktis unter meiner Kniekehle durchschwamm, kam seit langem wieder einmal das Bedürfnis auf, mich vollends zu betrinken.
Sechs Bierdosen und vier Kontinente später hatte das Delirium sich in meine Räumlichkeiten eingeschlichen und so verging ein weiter Hitzetag, ohne dass er lohnenswert gelebt wurde.
Ich wollte gerade die Seifen aus dem Bad in meine Tasche verschwinden lassen, als es an meiner Türe klopfte. Das Schreckgespenst mit dem schlechten Musikgeschmack von nebenan strahlte mir derart penetrant ins Gesicht, dass ich mir wünschte den Pfefferspray nicht zu Hause liegengelassen zu haben. Er hätte eine Bekanntschaft im Nebenzimmer und bräuchte Eis, um mit ein paar Drinks eben dieses zu brechen.
Falls Sie nun meinen, alles läuft auf die Pointe heraus, dass ich ihm Südamerika oder Afrika überreichte, der irrt grundlegend. Ich gab ihm die ordinären, quadratischen Würfel aus Eis – die Welt lasse ich nicht in einem Whiskeyglas schwimmen...

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