Geist Jonathan; der Morgen graut

Hurra hurra die Schule brennt; wen kümmerts, ich bin berufstätig!


Ich will euch die Geschichte über den Geist Jonathan erzählen.
Geist Jonathan lebt in einem Häuserblock in der Innenstadt, wo er ein kleines aber feines Apartments gemietet hat.

 Es ist ein beschauliches Leben das er führt, doch ihm gefällt es. Sein Nachbar ist Herr Kohl, ein brotloser Schriftsteller der seinen Bauch nicht immer unter seinen Pullover zwingen kann. Sie begegnen sich selten.
Einmal spät Nachts kam Jonathan ziemlich betrunken von der Mitternachtsmesse nach Hause und schaltete den Fernseher ein. Ein Expertenteam diskutierte über die geistlose Unterhaltungsbranche im Allgemeinen. Daraufhin fühlte sich Jonathan diskriminiert und fasste sich den Vorsatz, den Geist des Fernsehens wieder zurückzubringen.
Am nächsten Morgen weckte ihn wie jeden Donnerstag die Müllabfuhr. Und wie jeden Donnerstag wanderte sein Blick zu den Säcken, die er abermals vergessen hatte zu entsorgen. Mit einer dreifachen Drehung zauberte er sich aus dem Bett und klatschte mit Ankündigung auf den Parkettboden seines Zimmers. Er rappelte sich auf, schnappte sich den Abfall und sprintete das Treppenhaus hinunter. In der einen Hand hielt er die Kehrichtsäcke, in der anderen die Hose, welche er im laufen versuchte anzuziehen. Als er im zweiten Stock um die Ecke wetzte kam ihm Frau Matzig, der Hausdrachen entgegen. Sie versperrte ihm den Weg und brüskierte sich über seine Unterhosen, auf denen gelbe Schwimmenten abgebildet waren. Sie fuchtelte mit ihren Händen vor seinem Gesicht herum, da stiess er sie zur Seite und wollte den nächsten Stock in Angriff nehmen. Frau Matzig holte mit ihrem Gehstock flink zu einem Schlag aus und holte Jonathan von den Beinen. „Niemand missachtet die Hausregel Nummer vier. Es ist untersagt in den Unterhosen im Treppenhaus zu rennen“. Dies machte sie ihm nochmals überdeutlich, bevor sie selbstgerecht die Tür hinter sich schloss.
Mit einem alten Fischskelett im Haar und einer faulen Tomate auf der Brust fand sich Jonathan liegend in der Mitte des ersten Stocks wieder. Mühsam rappelte er sich auf und sah, wie der Müllwagen um die nächste Ecke bog.
Ein Tag der schon morgens hätte enden können, dachte er sich und schleppte seine müden Beine samt Hose wieder die Stockwerke hinauf. Beim Kaffeemachen erblickte er einen bunten Vogel auf seinem Fenstersims. Nach sekundenlangem gegenseitigen Anstarren bewies Jonathan Herz und holte aus dem Schaft über ihm die Pinienkerne heraus. Vielleicht wird dies sein neuer Hausvogel, mit dem er jeden Morgen frühstücken kann, ohne dass sie sich unterhalten müssten. Er nahm eine Hand voll Kerne und wollte sie dem Vogel auf das Fensterbrett legen. Doch der bunte Federmann hatte sich in der Zwischenzeit den Toast vom Teller gepickt und flog mit honigversüsstem Schnabel aus dem Fenster in die Weiten der Grossstadt hinaus. Da blieb ihm nur das Staunen.
Mit Kaffee im Krug und Pinienkernen auf dem Teller sass Jonathan noch eine ganze Weile so da und kam zum Schluss, dass gute Absichten nur dann ihre Wirkung haben, wenn sie von beiden Seiten geteilt werden!

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